Geschichte

Vom „Allgemeinen Mietbewohnerverein Bautzen und Umgebung“ zum „Mieterverein Ostsachsen e.V.“

Nach der Akte des Stadtrates zu Bautzen, Abteilung für Polizeisachen „betreffend des Mietbewohnervereins“ existierte in Bautzen ein Mieterverein vom 23. September 1890 bis zum 19. April 1895.

Dieser brachte eine Satzung von acht Seiten zur Anmeldung und in der Folgezeit meldete der Verein weitere zehn Versammlungen an. In einer Generalversammlung am 19. April 1895 löste der Verein sich wieder auf, die Gründe dafür wurden nicht mit dokumentiert.

Erst 25 Jahre später findet sich in den Akten der Stadt Bautzen folgender Eintrag:

„ Mitteilung an den Stadtrat vom 22.Juni 1920

Hiermit beehren wir uns dem Stadtrat von Bautzen ergebenst anzuzeigen, dass am 18.diesen Monats die Gründung eines Mietervereins vollzogen wurde, welcher den Namen „Allgemeiner Mietbewohnerverein von Bautzen und Umgebung“ führt. Wir werden die Eintragung in das Vereinsregister herbeiführen und werden uns gestatten, als dann dem Stadtrat ein Exemplar unserer Satzung übermitteln. Zweck und Aufgabe des Vereins ist, die Interessen der Mieter im weitesten Sinne zu wahren und wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass der Stadtrat nach Kenntnis dieser gerne Veranlassung nehmen wird, uns schon jetzt bei allen die Mietbewohner berührenden Fragen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Unsere Bemühungen werden u.a. sein, an der Lösung schwieriger und brennender Fragen der Wohnungsnot auch zu unserem teile mit beizutragen.

Wir glauben erwarten zu dürfen, dass der Stadtrat von der Gründung dieses gemeinnützigen Zweckvereins ebenfalls angenehm berührt sein wird und hoffen, recht bald eine Genehmigung zu gemeinsamer Betätigung zu erhalten, wozu der ergebenst Unterzeichneter jederzeit bereit gern zur Verfügung steht

In vorzüglicher Hochachtung

i.A. Gustav Jänke, Vorsitzender

Die Gründungsversammlung fand am 18.Juni 1920 im Bürgergarten statt. Zu diesem Anlass traten bereits 400 Bürger dem Verein als Mitglied bei. Der Mitgliedsbeitrag betrug eine Mark im Vierteljahr und das Eintrittsgeld 50 Pfennige.

Im Vorstand waren: Ein Angestellter, ein Zimmermann, ein Postsekretär, ein Schriftsetzer, ein Amtsdiener, ein Buchdrucker und zwei Hausfrauen.

Bereits am 1.Juli war der Mieterverein Mitveranstalter einer Protestkundgebung gegen Wohnungsnot und gegen unwirtschaftliche und überteuerte Baumaßnahmen, die in der „Krone“ stattfand und an der ca. 1000 Bürger teilnahmen. Weitere sind Aktivitäten gegen Forderungen des Hausbesitzervereins, in der Zusammenarbeit mit dem Siedlerverein und mit dem Stadtbaurat zur Wahrung der Interessen der Mieter bekannt

Am 20. September 1920 beschloss die Mitgliederversammlung den Beitritt des „Allgemeinen Mietbewohnervereins Bautzen und Umgebung“ zum DEUTSCHEN MIETERBUND, der damals seinen Sitz in Dresden hatte.

Der Mieterverein stand in den zwanziger Jahren unter polizeilicher Beobachtung. In der Akte des Stadtrates ist unter dem 16.10.1923 vom Polizeikommissar Uhlig eingetragen, dass am 14.10.1923 eine weitere Vorstandssitzung stattfand und „nach Feststellung nicht von Politik gesprochen“ wurde.

Aus den Jahren 1923, 1924 und 1926 sind Forderungen des Mietervereins nachlesbar, die sich auf damals aktuelle Wohnpolitische Maßnahmen der Stadt Bautzen, aber auch auf solche der Reichsregierung, beziehen.

Nach 1933 war die Tätigkeit des Mietervereins in die „nationalsozialistische Bewegung“ eingebunden. Der „Allgemeine Mietbewohnerverein“ durfte gemäß einer „Mustersatzung“ nur noch solche Bürger aufnehmen, die „arischer“ Abstammung waren und zuverlässiger nationalsozialistischer Gesinnung sind. Ab 1939 wurde den jüdischen Bürgern durch Ausschluss jeglicher Mieterschutz genommen.

Die Geschäftsstelle in Bautzen, Kornmarkt 18 wurde in den letzten Kriegstagen völlig zerstört. Mit der Zerstörung und dem Kriegsende sind die Unterlagen über 1000 Mitglieder und 10.000 RM Vereinsvermögen mit verschwunden.

Unmittelbar nach dem Krieg bemühte sich der Vorstand um eine Fortführung der Mieterbewegung in Bautzen. Die sowjetische Besatzungsmacht hatte jedoch kein Interesse an Mietervereinen.

Ein neuer Anfang

Nach dem Beitritt der DDR zur BRD wurde wieder bürgerliches Mietrecht zum geltenden Recht in den neu gegründeten Bundesländern, so auch in Sachsen. Der DEUTSCHE MIETERBUND organisierte mit Hilfe der Mietervereine in den Partnerstädten von Bautzen und interessierter Bürger von Bautzen einen neuen Mieterverein. Er wurde im Mai 1991 gegründet und gab sich den Namen Mieterverein Ostsachsen e.V., da sich unmittelbar Bürger der Kreisstädte Kamenz, Bischofswerda und Sebnitz mit anschlossen. Der Tradition der Mieterbewegung des Mietbewohnervereins Bautzen und Umgebung und des DEUTSCHEN MIETERBUND folgend gab sich der Verein eine Satzung, die als Ziel und Aufgaben des Vereins u.a. die Erhaltung des Rechtes auf Wohnen, Kündigungsschutz, sozial gerechte Mieten, bedarfsgerechte Sanierung erhaltenswerter Bausubstanz, Interessenvertretung der Mieter  und die Organisation der Mieterberatung festschrieb.

Am 24.Juli 1991 wurde der Mieterverein Ostsachsen e.V. in das Vereinsregister eingetragen.

In den Städten Bautzen, Bischofswerda, Kamenz und Sebnitz eröffnete der Mieterverein Beratungsstellen. Mitglieder des Mietervereins, die sich selbständig das geltende Mietrecht aneigneten, stellten sich uneigennützig unter Anleitung erfahrener Rechtsanwälte als Berater zur Verfügung. Schon 1992 konnten Rechtsanwälte aus den Partnerstädten und 1994 auch hiesige Anwälte, die zunehmender eigener beruflicher Belastung ausgesetzt waren, ihre anfänglich unverzichtbar notwendige beratende Tätigkeit einstellen. Der Mieterverein ist seit dem selbst in der Lage, die Beratungen seiner Mitglieder durchzuführen. Gleichzeitig bietet seit dieser Zeit der Mieterverein Ostsachsen e.V. seinen Mitgliedern eine Rechtsschutzversicherung an.

Die Mitgliederentwicklung verlief bis 1997 kontinuierlich steigend. Bis zum Beginn des Jahres 1997 waren ca. 2900 Mitglieder registriert.

Mitte des Jahres 1997 stellte der Mieterverein Hoyerswerda den Antrag auf Zusammenschluss mit dem Mieterverein Ostsachsen, der noch im gleichen Jahr erfolgte und den Verein um weitere 500 Mitglieder gestärkt hat. Die Beratungsstelle in Hoyerswerda konnte aufrecht erhalten werden.

Seit seiner Gründung bis zum Jahre 2003 hatten sich im Mieterverein 6831 Mitglieder organisiert. 

Den Verein besuchen jährlich ca. 2000 Ratsuchende Mitglieder, fast die Hälfte davon wegen   Betriebskostenabrechnungen.

Höhepunkte der Vereinstätigkeit waren neben der Organisation des Zusammenschlusses mit dem Mieterverein Hoyerswerda die Organisation des Siebten Sächsischen Mietertages im Jahre 2003 in Bautzen als Gastgeber, die Festveranstaltung zum 10. Jahrestag der Wiedergründung der Mieterbewegung in Bautzen im Jahre 2001 und die Mitgestaltung der Präsentation zu Tag der Sachsen 2003 in Sebnitz.

Aus Gesundheits- und Altersgründen  musste der Verein im März  2006 die Geschäftstelle in Sebnitz schließen. Zur gleichen Zeit wurde eine neue Außenstelle in Neustadt in Sachsen eröffnet.

Dem Verein standen bisher vor:

 

1991 bis 1993Herr Horst Gellert und Frau Theresia Schulze
1993 bis 1999Frau Theresia Schulze und Herr Hartmut Jährig
1999 bis 2006Frau Andrea Pöthig und Herr Hartmut Jährig
2007 bis 2011Frau Andrea Pöthig und Herr Matthias Junghanß
2011 bis 2015Frau Andrea Pöthig und Frau Janett Hude
2015 bis 2019Frau Undine Knobus und Frau Anita Hinz
2019Frau Undine Knobus und Frau Barbara Fetten